Mittwoch, 3. Juli 2013

Tutorial Einfassen mit Jerseystreifen

Vor einigen Wochen beim Warten auf unsere Ballettmäuse haben wir über das Einfassen am Halsausschnitt und Schwierigkeiten damit gesprochen. Also hab ich mir vorgenommen, dass mal zu fotographieren um es besser erklären zu können. Am Samstag vor zwei Wochen war es dann soweit, weil ich sowieso ganz viel einfassen musste...

Also, als erstes braucht man zusätzlich zum einzufassenden Teil einen Jerseystreifen (dehbar) bzw. ein Schrägband aus Webwaren (eher nicht dehnbar). Ich nehme gerne Jerseystreifen, da ich ja auch hauptsächlich Jersey vernähe. Die Streifen schneide ich auf Vorrat zu sobald ich geeignete Stoffe vorgewaschen zu den Nähsachen packe - dann habe ich sie griffbereit wenn ich sie brauche und kann verschiedene Streifen probeweise an die Stoffe halten. Meist schneide ich 4 cm breite Streifen, wobei es mir das Üben erleichtert hat mit 5 cm Breite zu arbeiten.

Nun hatte ich also ein zu versäuberndes Stoffstück - in diesem Beispiel den Tascheneingriff des Ottobre Spielers, den ich in einem anderen Post fertig gezeigt habe:


Da ich ja bereits fertige Streifen im Vorrat habe, muss ich mir über die Länge des aktuellen Streifens keine Gedanken machen. Ansonsten muss man halt schauen wie sehr man den Streifen dehnen wird (je mehr es um die Ecke geht desto stärker) und besser etwas reichlich zuschneiden bis man ein Gefühl dafür hat wieviel man braucht. Nun stecke ich den Streifen rechts auf rechts (also Stoffoberseite auf Oberseite) an der Kante fest, wenn der Streifen eher schmal (4cm) ist, stecke ich ihn so 2-5 mm neben der Kante fest. Dabei immer schön dehnen, je stärker es um die Kurve geht desto stärker (mit der Zeit lernt man wie stark, damit das Endergebnis glatt ist). Damit ich das gedehnte auch schön gleichmäßig festnähen kann, benutze ich an solchen engen Stellen ziemlich viele Stecknadeln - das muss man auch ausprobieren, aber ich gehe so auf Nummer sicher:


Vor dem Festnähen den überstehenden Streifen abschneiden, aber etwas großzügiger, weil ich beim Nähen manchmal nicht so stark dehne wie beim Feststecken und sonst würde dann etwas fehlen.

Dann den Streifen mit etwa 1cm Abstand von der Stoffkante (geht sicher auch anders, aber so finde ich es ganz bequem um alles gut verabreiten zu können) mit dehnbarem Stich (da dehnbares Material) festnähen. Immer an das Dehnen des Streifens denken aber den Hauptstoff möglichst nicht dehnen. Hier verwende ich den Overlockstich meiner Haushaltsnähmaschiene, es ginge auch ein enger (kurzer) Zickzackstich oder jeder andere dehnbare Stich.

Danach sieht das Ganze so aus:

Nun schneide ich beide Stoffe (also Haupstoff und Jerseystreifen) bis nahe an die Naht zurück. Das gibt mir mehr Spielraum zum Umschlagen des Jerseystreifens. Mit einem 5 cm breiten Streifen klappte es bei mir auch ganz sauber ohne zurückschneiden, aber ich verschwende so ungern Stoff...

Dann drehe ich das Nähteil um, habe nun also die linke Seite (Stoffinnenseite) vor mir und klappe die gerade genähte Naht Richtung Jerseystreifen und den Streifen Richtung Naht - das könnte man so bügeln, geht aber auch ohne und verrutscht trotzdem kaum.

Dann klappe ich den gefalteten Streifen über die Naht auf die linke Stoffseite. Dabei wird die offene Kante der gerade genähten Naht verdeckt und man sieht vom Jerseystreifen weder die linke Seite noch eine offene Kante. Das ganze gut festhalten und von rechts feststecken. Dabei arbeite ich mich von einer Seite zur anderen, schlage also nur den Anfang um, stecke fest, schlage wieder ein Stück um, stecke fest und so weiter ... (anstatt erst alles umzuschlagen und dann feststecken zu wollen). Wenn es um die Kurve geht, muss man besonders sorgfältig arbeiten und den Jersey ordentlich dehnen. Insgesamt achte ich darauf, dass ich den Jerseystreifen über die gerade genähte Naht ziehe - sie soll ja möglichst auch von innen verdeckt sein:



Alles fertig festgesteckt ergibt sich dann folgendes Bild (s. Foto): eingeklappter Jersey, Hauptstoff, eingeklappter Jersey - d.h. es ist keine offene Kante mehr sichtbar (und bestenfalls auch keine Naht entlang der Kante)

Dieses Paket lege ich nun so, dass mich die rechte Stoffseite anschaut. Auf dieser Seite nähe ich nun auf dem Jerseystreifen aber nahe der Kante (zum Hauptstoff) entlang, gerne mit einen dreiteiligen Geradstich (d.h. jeder "Strechenabschnitt" wird 3x statt 1x ausgeführt, damit befindet sich mehr Faden als beim normalen Geradstich in der Naht und der Stich kann gedehnt werden). Habe ich auch schon mit Zickzack, dreigeteiltem Zickzackstich und Geradstich mit Zwillingsnadel (alle Nähte dehnbar) ausprobiert. Insbesondere mit dem Zickzackstich ist es einfacher wenn man noch nicht ganz so sauber näht, aber das Ergebnis sieht mit einem Geradstich in meinen Augen am saubersten aus.

Ergebnis von rechts: hier konnte ich beim Nähen darauf achten, dass der Abstand zur Kante immer gleich ist

Ergebnis von links: der Abstand von der Naht zur Kante des Jerseystreifens ist nicht ganz so regelmäßig wie von rechts

Detail: so sieht es von links gut aus, wenn die neue Naht in etwa die alte trifft und ich weder offene Kanten (Jerseystreifen zu schmal) noch die alte Naht (zuwenig breit umgeklappt oder unsauber, vor allem zu wenig in einer Kurve gedehnt, gesteckt)

Detail: nicht so schöne Stelle, weil man die erste Naht sieht.

Und so sieht die fertige Taschenumrandung aus:

Der komplette Spieler (Model "Star-Star" aus der Ottobre 3/2013) mit Jerseystreifen an den Tascheneingriffen, dem Halsausschnitt, den Ärmeleinfassungen und der Knopfleiste zwischen den Beinen. Ich habe etwa einen Streifen von 1,20 m breite benötigt.

Und, ist das verständlich gewesen? Schon ausprobiert? Ich freue mich über Kommentare.

10 Kommentare:

  1. Danke! Hast mich gerade gerettet! ;-)
    Muss zwar noch üben, aber das Grundprinzip hab ich verstanden! ;-)
    LG
    Steffi

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  2. Hallo,
    super Anleitung, dass Bild von der Seite hat meinen Denkknoten endlich aufgehen lassen und
    nun werden ich mich gleich ran setzen.
    LG Kati

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  3. Hab grade nach einer guten Erlärung gesucht und gottseidank beim 3. oder 4. Versuch diese hier gefunden :-) Vielen Dank!
    LG, Claudia

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  4. Super erklärt. Hab schon befürchtet, dass das Annähen eines jerseystreifens problematisch wird, weil der Stoff sich so einrollt. Aber es scheint ja zu klappen.

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  5. Wah vielen Dank! =D Ich habe jetzt so einige Anleitungen gelesen aber immer nur Bahnhof verstanden! Bei dir ist mir dann endlich ein Licht aufgegangen! Sehr verständlich :3 Dankeschön!! <3

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  6. Guten Abend!

    Ihre Darstellung ist sehr nett gemacht. Eine Frage hätte ich aber noch: Kann man anstelle der Bündchenmaterials auch Jersey verwenden? Vielleicht eine doofe Frage - aber einem Anfänger wollen Sie bitte verzeihen.

    Viele Grüße
    Bernd M. Abel

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    1. Hallo Bernd,
      diese Illustration ist mit einem Jerseystreifen dargestellt, nicht mit Bündchenware. Zum Einfassen kannst du also auch Jersey benutzen. Gutes Gelingen!

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  7. Danke für die tolle Anleitung! Jetzt scheint für mich als Anfängerin auch einiges logischer zu sein. Vor allem die seitlichen Bilder haben einiges geklärt. Habe es erst anders probiert (einen Streifen Jersey von jeder Seite zur Mitte hingefaltet und dann gesteckt und angenäht wie ich es in einer anderen Anleitung gesehen hatte), das sah aber irgendwie komisch aus und lies sich auch nicht so gut anlegen. Da nehme ich gern den Mehraufwand an Zeit in Kauf wenn das Ergebnis dann so viel sauberer werden kann. Nur bei den Armausschnitten und beim Halsausschnitt bin ich noch bissel ratlos - fasse ich die auch zuerst ein und nähe Vorder- und Rückenteil anschließend zusammen oder doch erst zusammen nähen und dann einfassen? Bei letzterem habe ich die Frage wie ich den Einfassstreifen dann sauber zu einem Ring (?) geschlossen bekommen würde? Vielen vielen Dank aber auf jeden Fall für diese tolle Anleitung!!!

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  8. Danke für die gute Erklärung, das probiere ich auch!!!!

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  9. Mir gefällt der Hinweis auf den 3-fach Geradstich besonders, das werde ich demnächst ausprobieren! 👍

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